Andreas Eickhorst, Entwicklungspsychologe und Professor für „Psychologische Grundlagen Sozialer Arbeit“ an der Hochschule Hannover, spricht über den Stress, aber vor allem auch die positiven Seiten des Vaterseins.
Transkription:
Ich glaube, da muss man sagen: ja und nein. Man kann nicht spezifisch sagen, dass sie automatisch glücklicher sind, auch nicht automatisch unglücklicher. Das wäre auch, glaube ich, zu einfach. Wenn man ein bisschen guckt, sieht man: In der Forschungslage findet man für beide Richtungen Belege. Es gibt immer Studien, die sagen, Kinderlose sind glücklicher, znd andere, die sagen, Männer mit Kindern sind glücklicher. Ich glaube, es kommt dabei auf zwei Punkte an. Zum einen: Was ist Glück? Am Ende des Lebens guckt man ja oft zurück. Generativität und Weitergabe an die nächste Generation, Sinn des Lebens – da sind Väter oft die zufriedeneren. Wenn es gerade akut ist – die Kinder sind klein, Finanzen sind knapp, viel Stress – ist der Alltagsstress auch hoch. Also hat es mit Lebensphasen zu tun. Und es hat natürlich auch mit der Persönlichkeit zu
tun. Will ich ein Kind? Kann ich darin aufgehen? Habe ich gute Vorbilder? Bin ich bereit, mich einzusetzen oder bin ich das weniger? Insofern gibt es, glaube ich, gute Chancen, dass Väter glücklich werden können. Aber ganz automatisch wird es auch nicht gehen.
Auch da ist der Begriff natürlich dehnbar. Ich glaube, was aber sicherlich sehr hilfreich ist, ist, von Anfang an da zu sein, präsent zu sein für das Kind, einen guten Draht zu haben. Das geht sicherlich einmal über Zeit – also einfach Quantität. Aber natürlich auch nicht nur und nicht primär. Sondern darüber, was der Vater macht und wie er es macht. So eine emotionale Nähe. Ob man es Bindung nennt, ob man es Kontakt nennt, ob man es Liebe nennt – es ist einfach die Möglichkeit oder der Wunsch, sich auch einlassen zu können und zu gucken, was das das Kind denn braucht. Und das von Anfang an und nicht erst, wenn das Kind vielleicht – wie sagt man im Klischee – Fußball spielen kann oder zur Schule geht. Sondern, sobald halt irgendwie ein Wesen da ist und man Kontakt aufnehmen kann!
Ich glaube, vorneweg ist es wichtig zu sagen: Es ist immer Stress! Manche Autoren sagen, es handele sich eine „normative Krise“. Diese sei quasi schon vorgesehen. Das heißt nun nicht, dass eine „Krise“ etwas ganz Schlimmes ist. Sondern, dass sich vieles ändert. Also es wäre sehr merkwürdig, wenn das einen nicht herausfordern würde, wenn das nichts ausmachen würde. Ich denke, es ist eine Frage des Umgangs mit der Situation und es ist immer gut, das auch anzusprechen. Denn es ist keine Schande zuzugeben, dass das stressig ist, für Mütter wie für Väter. Also am besten viel mit der Partnerin oder mit dem Partner sprechen. Und auch mit dem Arbeitgeber. Und in den allermeisten Fällen sollte das hoffentlich auch gehen. Und den Kontakt suchen zu anderen Vätern – das kann am Stammtisch sein und das kann der auch Nachbar sein. Es gibt tolle Angebote für Väter. Das muss nicht gleich Beratung sein, darf es aber gerne. Es kann auch einfach ein Treffen mit anderen Vätern sein oder gemeinsame Väter- Kind-Aktionen. Wenn der Säugling schon da ist oder auch kurz vorher. Also einfach offen sein. Und es ist keine Schande, sich auch Ratschläge zu holen…
Auch da ist es nicht verwunderlich, dass es zuviel wird. Stichwort: Vereinbarkeit. Eine Vereinbarkeitsproblematik ist für Männer inzwischen genauso präsent wie für Frauen. Das hat auch was Gutes, weil das heißt: Natürlich ist beides wichtig. Der Beruf soll nicht vernachlässigt werden, aber auch Vaterschaft hat eine Wertigkeit. Es ist völlig klar, dass da zwei Bereiche auch konkurrieren. Da ist es, glaube ich, wichtig, auch wieder Kontakt zu suchen. Man spricht das an und frisst nicht alles in sich rein. Aber auch das Stichwort Selbstfürsorge ist mir sehr wichtig, sollte sehr präsent sein. Denn wenn ich alles gebe für die Arbeit und alles gebe für die Familie, für das Kind, dann bleibt ich selber auf der Strecke. Das wird nicht lange funktionieren. Die Gesundheit, die Psyche, die Balance – ob das nun Sport ist, ob das auch mal ein paar Stunden für sich alleine sind, die man dann im Tausch mit der Partnerin hat, ob das was Angenehmes ist (Wellbeing) – der ganze Gesundheitsbereich fällt da rein natürlich. Man braucht auch Zeit für sich. Nur wer einigermaßen gesund und fit ist – mit „einigermaßen“ meine ich, keiner muss perfekt sein, aber kann auf sich achten, dass es passt – nur der kann auch wirklich ein guter Vater sein.
Also abgesehen davon, dass das natürlich alles sehr individuell ist, finde ich es immer eine gute Herangehensweise, mit den Kindern etwas gemeinsam zu machen. Wenn es etwa um Ernährung geht, kann man mit den Kindern auch gesund kochen und gesund essen. Das wird bei Kindern nicht immer funktionieren. Aber sicherlich bei bestimmten Dingen, bestimmten Nahrungsmitteln schon. Wenn es um Sport geht, kann man je nach Alter einiges machen – von Baby-Kind-Turnen bis Vater-Sohn-Fußball bis Vater-Tochter-Klettern (oder andersherum) ist einiges möglich. Also, trotz der Selbstfürsorge, die für einen selber wichtig ist, würde ich immer auch dazu raten, die Familienzeit zu nutzen für solche Dinge. Nicht zuletzt auch wegen der Vorbildfunktion für die Kinder.